Über das Spiel brauchte man nach diesem 2:2 auf Essener Seite nicht zu sprechen. Weil die dargebotene Sportart über weite Strecken unbekannt war. Vor allem aber nicht angesichts der Kulisse, die die späte Essener Aufholjagd konterkarierte. Nachdem Christian Knappmann mit dem ersten Elfmeter noch gescheitert war (15.), verwandelte Kevin Pires-Rodrigues einen fragwürdigen Handelfmeter (74.) zum Anschlusstreffer. Das Stadion pfiff und forderte: "Wrobel raus!" Benedikt Koep markierte sogar noch den Ausgleich (80.) - dieselbe Reaktion. Man muss kein Gemütsmensch sein, um zu erahnen, wie sich der Angesprochene, besser: Angeschrieene, fühlen muss. Waldemar Wrobel pokerte auch gar nicht erst, sondern ging schon während des Spiels auf manche Unmutsäußerung von außen ein.
Aufgeben ist für den 43-Jährigen aber keine Option: "Dazu habe ich zu viele Dinge erlebt, auch in anderen Bereichen. Wenn der ein oder andere meint, er muss sich so artikulieren, ist es seine Sache. Ich sehe deshalb keinen Grund, von meiner Seite in irgendeiner Form etwas infrage zu stellen." Vor allem aber hätte sich der Coach eine andere Reaktion für seine Mannschaft gewünscht: "Es ist ja rein persönlich, es ist ja rein diffamierend. Wer von den Jungs glaubt denn, dass er der Mannschaft hilft, wenn er bei 2:2 'Wrobel raus!' ruft?" Eine von vielen offenen Fragen nach einem Abend, der sicher Spuren hinterlassen wird.
Man könnte zwar auch darüber sprechen, warum gleich drei Ecken brandgefährlich hereinrauschten und Alexander Thamm (jaja, ausgerechnet!) Christian Knappmann im Kopfballduell besiegte (0:1, 11.). Man muss wohl noch einmal aufarbeiten, wer Berkant Canbulut vor seinem fulminanten Treffer zum 0:2 (65.) hätte stören müssen. Vor allem die Gäste aus Wattenscheid werden darüber zu sprechen haben, wie sie erneut eine Zwei-Tore-Führung verspielten. Aber die vergiftete Stimmung übertünchte zunächst alles.
Rot-Weiss im Herbst: Es bedarf im Moment einer Menge Vorstellungskraft, um sich auszumalen, wie sich dieses Team aus eigener Kraft aus der anhaltenden Formkrise befreien soll. Der Trainer lässt sich seine Überzeugung aber nicht kleinspielen und erst recht nicht kleinreden. Er glaubt weiter an die Qualität des Teams: "Weil ich die Jungs im Training sehe, weil ich das Miteinander sehe. Und ich habe hier andere Situationen erlebt, da habe ich es anders gesehen. Von daher bin ich davon nach wie vor überzeugt." Und Überzeugungsarbeit ist nun schwer gefragt.